Am Wochenende gab es in Recklinghausen und der Umgebung ein ungewöhnliches Wetterphänomen, das die Prognosen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) auf die Probe stellte. Der DWD hatte für die Region trockenes Wetter vorhergesagt, doch statt der erwarteten Klarheit fiel Schnee, der nicht durch natürlichen Niederschlag, sondern durch die Emissionen aus Industrieanlagen verursacht wurde – ein Phänomen, das als Industrieschnee bezeichnet wird. Anwohner berichteten über überraschende Schneeverwehungen auf den Straßen, die zu gefährlicher Glätte führten.
Industrieschnee entsteht unter besonderen atmosphärischen Bedingungen, insbesondere bei Inversionswetterlagen, wenn der Feuchtigkeitsgehalt der Luft so ansteigt, dass Wasserdampf in Form von Schnee auskondensiert. Diese Lagen sind häufig in den Wintermonaten und treten in mitteleuropäischen Klimazonen von November bis Februar auf. Der Schnee fällt oft aus Höhen von 100 bis 200 Metern und bleibt unentdeckt von Wetterradaren. Aufgrund dieser Faktoren ist Industrieschnee schwer vorherzusagen und kann nicht zuverlässig erfasst werden. Laut daswetter.com ist die Bildung von Industrieschnee typischerweise in den frühen Morgenstunden zu beobachten.
Ursachen und Bedingungen
Industrieschnee bildet sich durch Emissionen von Wasserdampf und Aerosolen aus Industrieanlagen und Heizkraftwerken. Diese Art von Schnee ist ein Beispiel für anthropogene, lokal begrenzte Wetterbeeinflussung. Die entscheidenden Bedingungen sind ein durch Hochnebel geprägtes Wetter, eine starke Inversionsschicht in Bodennähe sowie geringe Luftbewegung und Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Diese Aspekte können auch in großen Ballungsräumen wie Frankfurt oder Wien beobachtet werden, wo bereits ähnliche Phänomene auftraten. Industrieschnee erreicht oft eine feinkörnige Struktur und haftet an Oberflächen auf eine Weise, die bei natürlichem Schneefall nicht zu erwarten wäre, was die Gefahr von Verkehrsunfällen erhöht.
Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass Industrieschnee verstärkt mit Schadstoffen belastet sein kann. Chemische Analysen zeigen, dass er im Vergleich zu herkömmlichem Schnee höhere Schadstoffkonzentrationen aufweist. Zudem zeigt sich eine Unklarheit, wer für durch Industrieschnee verursachte Schäden haftet, wie etwa bei Auffahrunfällen oder Stürzen. Wikipedia hebt hervor, dass die spezifische Haftung für Schäden noch nicht abschließend geklärt ist und möglicherweise durch die gebundenen Aerosole in den Kondensationskeimen die industriellen Verursacher identifiziert werden könnten.
Vorhersage und Herausforderungen
Ein weiteres Problem bei der Vorhersage von Industrieschnee liegt in der horizontalen Auflösung der Wettermodelle, die von der Rechenleistung abhängt. Diese Herausforderungen werden durch das geringe Wissen über die genauen Entstehungsbedingungen von Industrieschnee verstärkt. Dies ist auch ein Grund, warum Wettermodelle oft nicht in der Lage sind, Schneefälle in städtischen Gebieten bei Hochdrucklagen zuverlässig abzubilden. Ein neu entwickelter Industrieschneeindex wurde daher eingeführt, um die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten solcher Phänomene in Hochnebellagen besser einschätzen zu können.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Industrieschnee ein faszinierendes, jedoch auch potenziell gefährliches Phänomen darstellt, dessen Verständnis und Vorhersage zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die aktuellen Ereignisse in Recklinghausen machen einmal mehr deutlich, wie verstärkt industrielles Handeln das lokale Wetter beeinflussen kann und welche Herausforderungen sich daraus für die Wettervorhersage ergeben. Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich auch auf der Webseite der ZAMG unter zamg.ac.at.