
Der Digitalverband Bitkom fordert die Koalition aus Union und SPD auf, das geplante Bundesdigitalministerium mit weitreichenden Kompetenzen auszustatten. Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst unterstreicht die Dringlichkeit, dass das Ministerium seiner Bezeichnung gerecht werden muss. Laut dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Ansatz wird das Ministerium für „Digitalisierung und Staatsmodernisierung“ von der CDU geführt, wobei genaue Aufgaben und Zuständigkeiten derzeit verhandelt werden. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz plant, sich am 6. Mai im Bundestag zum Bundeskanzler wählen zu lassen, wonach die Minister ernannt werden sollen.
In dem Koalitionsvertrag sind zahlreiche digitale Vorhaben verankert, die auf Staatsmodernisierung, Bürokratieabbau, Wirtschaftswachstum und digitale Souveränität abzielen. Dennoch ist die Notwendigkeit zur schnellen Konkretisierung der Vorhaben und deren Finanzierung nicht zu übersehen. Besonders hervorzuheben ist, dass die derzeitigen Digitalthemen auf mehrere Ministerien verteilt sind. Diese Aufteilung führt oftmals zu Überschneidungen bei den Zuständigkeiten:
- Bundesinnenministerium: Digitalisierung der Bundesverwaltung, digitale Behördengänge, Cybersicherheit (BSI).
- Verkehrsministerium: Netzausbau und Netzinfrastruktur, Datenpolitik.
- Bundeswirtschaftsministerium: Überwachung von Netzinfrastrukturen durch die Bundesnetzagentur.
- Bundesforschungsministerium und Wirtschaftsministerium: Künstliche Intelligenz.
Die Rolle der Bundesländer
Zusätzlich sind auch die Länder und Kommunen für viele Verwaltungsleistungen zuständig. Hierzu erklärte Johannes Schätzl von der SPD-Bundestagsfraktion, dass die Gründung eines eigenständigen Digitalministeriums zwingend notwendig sei, um die digitalen Interessen Deutschland zu vertreten. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass Bayern und Hessen bereits eigene Digitalministerien eingerichtet haben.
Bayerns Digitalminister Fabian Mehring betont die Notwendigkeit einer zentralen Institution für die Digitalisierung, während die hessische Digitalministerin Kristina Sinemus die Schaffung eines Bundesdigitalministeriums unterstützt. Diese regionalen Vorreiter setzen Benchmark-Standards für digitale Verwaltungsprozesse.
Herausforderungen und Defizite
Trotz dieser Entwicklungen hat Deutschland seine Digitalisierungsziele, wie die Online-Verfügbarkeit aller Verwaltungsleistungen bis Ende 2022, nicht erreicht. Der Koalitionsvertrag bietet zwar einen Weg, ihn jedoch durch fehlende Details zu Befugnissen und Zuständigkeiten des neuen Ministeriums als Herausforderung. Um effizient arbeiten zu können, ist es entscheidend, dass das Digitalministerium Koordinierungsrechte, ein Budget und einen Einzelplan erhält.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist der geplante Ausbau der digitalen Infrastruktur. Ein TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz soll den Glasfaserausbau fördern, und es wird ein Bekenntnis zur Stärkung des Rechenzentrumsstandorts in Deutschland gegeben, einschließlich der Einführung von Strompreiskompensationen. Diese Maßnahmen sind unerlässlich, um Deutschland von der Abhängigkeit von US-Firmen im Bereich Cloud-Dienste zu befreien und die digitale Souveränität zu erhöhen.
Der Koalitionsvertrag enthält zudem Pläne zur Einführung eines „Investitions-Boosters“, um die Digitalisierung voranzutreiben, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen. Die Bundesregierung hat auch die Digitalisierung der Bundeswehr sowie den beschleunigten Aufbau von Rechenzentren in Ostdeutschland fest eingeplant. Diese Schritte sind wichtig, um die Sicherheit und Effizienz in Krisensituationen zu erhöhen.
Wohl wissend, dass Deutschland vor Herausforderungen im digitalen Bereich steht, betonen Experten, dass ohne klare Planung und Finanzierung die gewünschten Fortschritte nicht erzielt werden können. Der Digitalverband Bitkom sieht daher in der Schaffung des neuen Ministeriums einen ersten Schritt, fordert aber eine umfassende und transparente Strategie für die digitale Zukunft Deutschlands.