
In den letzten Jahren hat die Gewalt an Schulen in Deutschland besorgniserregende Ausmaße angenommen. Aktuelle Berichte zeigen, dass 12% der Viertklässler an Grundschulen angeben, mindestens einmal pro Woche geschlagen zu werden. Diese alarmierenden Zahlen wurden in einem neuen Leitfaden veröffentlicht, der von der Schulministerin von Nordrhein-Westfalen (NRW), Dorothee Feller (CDU), herausgegeben wurde. Der Leitfaden zu „Gewalterfahrungen an Schulen“ bietet Lehrerinnen und Lehrern eine Übersicht über Gewaltvorfälle an Schulen sowie Empfehlungen zum Umgang mit solchen Situationen. Auf 15 Seiten wird deutlich, dass Schulen mittlerweile als Spiegel der Gesellschaft fungieren, in denen Gewalt an der Tagesordnung steht. Bild.de berichtet, dass sowohl Schüler als auch Eltern zunehmend handgreiflich werden.
In NRW wurden 2023 insgesamt 4.808 Vorfälle von Gewalt an Schulen registriert, ein dramatischer Anstieg im Vergleich zu 2022, wo die Zahl bei 2.972 lag. Der Anstieg der Gewalt hat auch Auswirkungen auf die Lehrer. Nach dem neuen Leitfaden sind viele Lehrer verunsichert und benötigen psychische Unterstützung. Die Empfehlungen umfassen, in gefährlichen Situationen den Kontakt zur Gefahrenzone abzubrechen und verbale Signale von sich zu geben, um sichtbar zu bleiben.
Verbreitung von Gewalt und Stress bei Lehrkräften
Eine Umfrage der Robert Bosch Stiftung verstärkt diese alarmierenden Ergebnisse. Laut der Umfrage aus dem Schulbarometer 2024 berichten 47% der Lehrkräfte von psychischer oder physischer Gewalt durch Schüler an ihrer Schule. Besonders betroffen sind Schulen in sozial benachteiligter Lage. Diese Ergebnisse zeigen, dass das Klima an vielen Schulen angespannt ist und Lehrer häufig mit emotionaler Erschöpfung kämpfen. 36% der Lehrkräfte geben an, sich mehrmals pro Woche emotional erschöpft zu fühlen, und fast 27% ziehen sogar eine Kündigung in Betracht. Tagesschau.de hebt hervor, dass die größte Herausforderung für Lehrer das Verhalten der Schüler ist, gefolgt vom Umgang mit heterogenen Klassen.
Der neue Leitfaden thematisiert auch Cybermobbing als ständige Bedrohung für Lehrer und beschreibt es als Quelle für Beleidigungen, Verleumdungen und Bedrohungen. Im Jahr 2023 wurden bundesweit über 27.470 Vorfälle an Schulen gemeldet, was einem Anstieg von 27% im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Reaktionen und Ausblick
Die Reaktionen auf diese Berichte sind vielfältig. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger bezeichnet die Ergebnisse als alarmierend. Darüber hinaus äußern Lehrerverbände, wie unter anderem Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Philologenverbandes, ihre Besorgnis über die zunehmende Gewalt an Schulen. Diese Probleme gehen einher mit einem „massiven Personalmangel“, wie Dagmar Wolf von der Robert Bosch Stiftung es formuliert. 41% der Lehrkräfte verweisen auf die Notwendigkeit, beim Personalmangel aktiv zu werden.
Trotz der Herausforderungen zeigt sich jedoch ein gewisser Optimismus. 75% der Lehrkräfte sind weiterhin mit ihrem Beruf und ihrer Schule zufrieden, und 92% glauben, dass sich die Schüler an ihrer Schule wohlfühlen. Dennoch ist der Handlungsbedarf klar: Über die Hälfte der Lehrer sieht dringenden Bedarf für Sanierungen und Renovierungen der Schulgebäude, um bessere Rahmenbedingungen schaffen zu können.