
Die Nutzung sozialer Medien hat in den letzten Jahren explosionsartig zugenommen, was nicht nur zu neuen Kommunikationsformen, sondern auch zu erheblichen Herausforderungen in Bezug auf Medienkompetenz geführt hat. Bei der Fachtagung „Desinformation im Zeitalter der sozialen Medien“ in Mechernich stellte Melanie Houf von der Euskirchener Polizei beeindruckende Zahlen vor, die das Ausmaß der sozialen Mediennutzung verdeutlichen. In nur einer Minute werden weltweit 2,4 Millionen Anfragen bei Google gestartet, 3,7 Millionen Snaps auf Snapchat erstellt und 11,4 Millionen Views auf Instagram generiert. Diese Statistiken verdeutlichen, wie tief die Jugend in die digitale Welt eingetaucht ist, jedoch fehlt es häufig an der nötigen Medienkompetenz für einen verantwortungsvollen Umgang.
Houf berichtete, dass jedes zweite Kind und jeder zweite Jugendliche in Deutschland schon mit extremistischen Inhalten in sozialen Netzwerken konfrontiert wurde. Dies ist nicht nur alarmierend, sondern wirft auch Fragen zur Verantwortung der Plattformen und der Medienbildung in Schulen auf. Der Kreis Euskirchen hat erkannt, dass eine Investition in die Medienkompetenz unerlässlich ist. So fließen 100.000 Euro in den „Digital Making Place“, einen modernen Unterrichtsraum, der darauf abzielt, digitale Medien effektiv in den Schulalltag zu integrieren. Dort wird Mariusz Kopania Lehrer unterstützen, um ihnen die Einsatzmöglichkeiten digitaler Medien näherzubringen.
Medienkompetenz und ihre Herausforderungen
Das Thema Medienkompetenz ist besonders relevant in Zeiten, in denen Fake News und Desinformation im Internet weit verbreitet sind. Eine Untersuchung der Bundeszentrale für politische Bildung zeigt, dass die Unklarheit über Begriffe wie Fake News, Misinformation und Desinformation oft zu Verwirrung führt. Fake News werden als falsche oder irreführende Inhalte definiert, die vor allem in sozialen Medien verbreitet werden. Empirische Daten belegen, dass ein geringes Vertrauen in politische Institutionen die Empfänglichkeit für derartige Inhalte erhöht. Die Notwendigkeit, Medienkompetenz zu fördern, wird als ein Schlüssel angesehen, um das Vertrauen in seriöse Medien zu wahren und die Verbreitung von Fake News zu reduzieren, da oft intensiv diskutierte Fake News gezielt von besonders medienkompetenten Nutzern verbreitet werden.
Die Nutzung sozialer Medien hat weitreichende Auswirkungen auf die Identität und das Selbstbild von Jugendlichen. Rund 66 Prozent der Mädchen berichten von einem negativen Vergleich mit anderen, was sich negativ auf ihr Selbstbewusstsein auswirkt. Besonders die Interaktion mit Influencern, die auf Plattformen wie Instagram und TikTok omnipräsent sind, beeinflusst den Alltag der Jugendlichen erheblich. Hierbei ist auffällig, dass 84 Prozent der Jugendlichen Influencern im Bereich Schönheit und Beauty folgen und viele zuvor Fremde aus sozialen Medien Produkte kaufen. Diese Dynamik führt bei einigen Jugendlichen zur sogenannten „Fear of Missing Out“ (FOMO), die die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigen kann.
Aufklärung und Schulungsinitiativen
Zugleich ist jedoch auch die Unterstützung durch Schulen von grundlegender Bedeutung. Am Hermann-Josef-Kolleg in Steinfeld haben Medienscouts die Aufgabe, Mitschüler bei Fragen zu Urheberrechten und Cybermobbing zu beraten. Innovative Ansätze wie diese sind ein Schritt in die richtige Richtung. Frank Schlegel, ein Medientrainer, unterstreicht die Bedeutung von digitalen Kompetenzen und fordert, dass Lehrer auch von den Erfahrungen ihrer Schüler lernen sollten. Neben der Medienkompetenz muss auch die Verantwortung der Plattformbetreiber zur Moderation und Kontrolle von Inhalten diskutiert werden. Kritiker betonen, dass die Anbieter zunehmend Verantwortung übernehmen müssen, um ihre Nutzer zu schützen.
Schließlich zeigen Umfragen, dass ein großer Teil der Jugendlichen sich der Risiken digitaler Medien bewusst ist, aber nicht immer in der Lage ist, diese richtig zu bewerten. Ein Mangel an kritischer Reflexion über Medieninhalte und die Unterscheidung zwischen seriösen und unseriösen Quellen ist besorgniserregend und führt dazu, dass Fake News ungehindert verbreitet werden können. Die Förderung von Medienkompetenz ist somit nicht nur wichtig, um Jugendliche in die Lage zu versetzen, gegen Desinformation anzukämpfen, sondern auch, um ihnen die Werkzeuge an die Hand zu geben, ein gesundes und realistisches Selbstbild zu entwickeln.